Kölner Stadt-Anzeiger - Nr. 168 - Mittwoch, 23. Juli 2003 - 11

Galopp der Töne für den Hengst

Zweibeiner musizieren für Huftiere

Mögen Pferde Klaviermusik? Auf dem „Erfolgsgut" spielten Schüler ihre Stücke nicht für die Eltern, sondern für die Tiere.

VON CORNELIA LÜCKENBACH

Overath - Das Pferd namens „Journalist" streckte sein Kopf durch die geöffnete Wohnzimmertür. Mit gespitzten Ohren und wachen Augen lauschte es dem Stück „Hänschen klein", das der sechsjährige Julius Hoe-derath auf dem Flügel spielte. Julius war hoch konzentriert, wollte das Tier durch seine Musik unbedingt beeindrucken. Doch „Journalist" zeigte keine Reaktion. Nur für einige Minuten beobachtete er neugierig die Konzertbesucher, die in einem Garten auf Bierbänken saßen und einem Klavierspieler zuhörten. Danach dachte er sicherlich wieder an seine schöne grüne Weide, die er wegen des Konzertes verlassen musste. Nun stand er da vor dem Wohnzimmer herum. Seine vierbeinigen Kollegen hatten es ein wenig besser, lauschten den gedämpften Klängen aus schattigen Ställen. Jedenfalls machte „Journalist" das Beste aus der Situation und stahl den Klavierspielern die Show: Ein Pferd im Wohnzimmer ist schließlich interessanter - weil ungewöhnlicher - als ein Klavierspieler. „Klaviermusik für die Pferde" hatte Organisatorin Beate Knust Bentzien ihr „Event" betitelt: „Die Kinder üben fleißiger, wenn sie für ihre Lieblinge spielen sollen."

Das Bauernhof-Ambiente verlieh dem Konzert eine locker Atmosphäre. Knust-Bentzien wollte kein steife Klaviervorführung. Die Kinder sollten angstfrei spielen und Spaß haben. „Die Tiere haben eine beruhigende Wirkung auf die Kinder." Die meisten spielten ihre Stück ohne größere Fehler. Zwischen den einzelnen Darbietungen erzählte Lukas Schreiber eine Liebesgeschichte von zwei jungen Menschen in der Natur. Die Klavier-pädagogin Anne Auriete Chalegre

erzählte: „Ich habe die Musikstücke auf einem Tonband aufgenommen und ihm mitgegeben. Einige Wochen später hatte er dazu eine Geschichte geschrieben." Die Klavierklänge untermalten die Szenen. Entdeckte etwa das Liebespaar eine Herde von Pferden, spielten Knust-Bentzien und Chalegre das vierhändiges Stück „Galopp". Nach dem Konzert durften die jungen Musiker zur Belohnung auf den Pferden rei-

ten. Sie sollten nach der musikalischen Anstrengung wieder entspannen: Schließlich liegt das Glück der Erde auf den Rücken der Pferde. Die „Klaviermusik für die Pferde" stieß auf große Resonanz bei Zweibeinern - die Huftiere konnten natürlich nicht befragt worden. Chalegre: „Wir planen jetzt ein Wochenende, mit Klavier- und Reitunterricht für Kinder.

„Journalist" hört den musikalischen Aufgalopp im Wohnzimmer. Andere Tiere mussten mit gedämpften Klängen im Stall Vorliebnehmen. bild: dino